Warum ist es so verdächtig still hier? „Chriiiistian, Soooophie, ihr seid doch nicht schon wieder am Tablet?“ „Ähm … nein, Papa, ganz bestimmt nicht“, tönt es von meinem achtjährigen Sohn aus dem Nebenzimmer. Und meine – mit vier Jahren noch nicht so oft flunkernde Tochter – ergänzt ganz schnell: „Jedenfalls noch nicht so lange.“
Kennen Sie es auch, liebe Leserinnen und Leser,
was für eine fast unheimliche Faszination Tablets & Smartphones schon auf unsere Kleinsten ausüben und wie schwer die Mäuse davon wegzubekommen sind?
War nicht früher alles noch viel besser,
als wir unsere eigene Kindheit täglich Stunden über Stunden bei strahlendem Sonnenschein und Schietwetter in der freien Natur verbrachten und Tiere im Wald beobachteten oder zum Bauern die Straße hinunter gingen? Aber Tiere und Natur können wir unseren Kindern auch heute noch nahe bringen – selbst in dieser recht großen Stadt Kiel und sogar kostenlos und mit viel Spaß für die Kleinen dabei. Deshalb gehe ich heute mit meinen Kids in das Projensdorfer Tiergehege Tannenberg – nur eines von sechs Wildgehegen und Wildparks in Kiel und direktem Umland, die man kostenlos besuchen kann.
„Sophie, Christian, wollen wir heute ins Tiergehege Tannenberg gehen und tolle Tiere beobachten?“
„Wer is‘n das?“, fragt Sophie mich. „Du meinst WO ist das? Also wir müssen nur mit der Buslinie 41 bis zur Haltestelle Frerich-Frerichs-Allee fahren und stehen wenige Meter vor dem Haupteingang des Tiergeheges.“ „Frerich-Frerichs, heißt so ein Schwein dort?“, witzelt Christian. „Eher nicht, aber Wildschweine gibt es dort auch“ entgegne ich. Und los geht‘s.Wir sind gerade aus dem Bus ausgestiegen und die rund 300 m Fußweg vom Eingang des Tiergeheges durch Wald hindurch bis zu den ersten Tieren gegangen, da höre ich Sophie rufen:
„Ooooooh, Ferkelchen!!!“
Es ist Ende März gegen 15:45 Uhr und offenbar fand kurz zuvor die Fütterung der Wildschweine statt. Vergnüglich grunzend laben sich die Tiere an ihrem breiigen Futter aus zwei Futtertrögen und einige der Frischlinge stehen teils mittendrin. Besonders interessant ist es dabei zu beobachten, dass es zwischen Eltern- und Jungtieren reichlich Futterneid gibt.
So sehen wir amüsiert, wie die Elterntiere immer wieder mal ein lautes Grunzen von sich geben und die Jungtiere mit dem Maul aus dem Futtertrog stoßen. Das quittieren die Jungtiere dann stets mit einem noch lauteren Quieken und einem ziemlich lustigen Sprung aus dem Trog heraus – um wenige Sekunden später wieder zurück in den Futtertrog zu hopsen. Und so beobachten wir die Wildschweine bestimmt noch zehn Minuten lang, wie sie letztlich beide Futtertröge ratzekahl leer fressen.

Weiter geht‘s zu den Damara-Ziegen. Sie liegen seelenruhig in der Sonne und dösen. Als noch ein paar andere Eltern mit Kids vorbei kommen und mehrere Händchen durch die Umzäunung gesteckt werden, packt die Ziegen die Neugier. Sie kommen an die Umzäunung, untersuchen schnüffelnd die Hände nach Essbarem und lassen sich streicheln.
Eifrig werden die Fotoapparate und Smartphones gezückt – jeder möchte seinen kleinen Schatz zusammen mit ein paar Ziegen verewigen. Meine Kids entdecken derweil gegenüber dem Ziegengehege einen großen Baum mit tiefen, dicken Ästen und in etwa drei Metern Höhe sitzen doch tatsächlich schon zwei Kinder. Meine Kleinen wollen den Baum natürlich auch sofort erklimmen. Mit einem leicht mulmigen Gefühl lasse ich sie gewähren – sieht ja nicht so gefährlich aus. Hat ihnen einen Riesenspaß gemacht und zählt tatsächlich zu den Highlights, über die noch Tage danach gesprochen wurde.
Nach den Ziegen gab es noch eher scheues Rehwild und Sikahirsche hinter Umzäunungen zu beobachten. Aber der eigentliche Höhepunkt sollte erst noch kommen, als wir uns eigentlich schon auf dem Rückweg zum Haupteingang befanden:
„Hört, da raschelt was“,
ruft Christian plötzlich mitten in die Stille. Wohl von seinem lauten Rufen aufgeschreckt sehen wir ein paar Rehe in etwa fünf Metern Entfernung schnell unseren Weg kreuzen. Ach ja, in diesem Tiergehege lebt auch Dam-, Reh- und Muffelwild, das frei umherläuft – ich hätte aber niemals erwartet, auch nur eines der scheuen Tiere tatsächlich zu Gesicht zu bekommen.
Es sollte noch besser kommen: Plötzlich steht uns keine zehn Meter entfernt ein weißer Hirsch gegenüber. Wie angeklebt bleibt er starr mitten auf dem Weg stehen und beobachtet uns. „Leise“, flüstert Sophie intuitiv und Christian geht gaaaaanz vorsichtig immer näher auf den Hirsch zu.
Als die beiden sich kaum zwei Meter entfernt gegenüber stehen, zuckt das Tier kurz mit dem Kopf, scheint flüchten zu wollen, bleibt dann aber doch stehen und lässt sich schließlich sogar kurz von Christian streicheln! Dann geht der Hirsch, als sei es das Normalste von der Welt gewesen, gemächlich ins Unterholz zurück und wir bleiben alle noch fassungslos eine gefühlte Stunde (es war bestimmt nur eine Minute) stehen und schauen dem Hirsch wehmütig hinterher.
Und ich habe vor lauter Staunen völlig vergessen ausgerechnet von Christians Kontakt mit dem Hirsch ein Erinnerungsfoto zu machen!
Das alles kam so gut bei meinen Kids an,
dass es die nachfolgenden Tage kaum ein anderes Gesprächs-Thema gab und der große Wunsch meiner Kinder entstand, das unbedingt zu wiederholen. Seitdem besuchen wir regelmäßig diesen und die fünf anderen Wildgehege und -parks in und um Kiel das ganze Jahr hindurch, so oft wir Lust haben.
Die sechs Tiergehege & -parks in und bei Kiel:
Tiergehege Tannenberg
Haupteingang links neben dem „Waldschänke Restaurant“, Projensdorfer Str. 232, 24106 Kiel
Buslinie 41, Haltestelle „Frerich-Frerichs-Allee“
Wildgehege Suchsdorf
Zwischen Nord-Ostsee-Kanal und der Ottendorfer Au
Buslinien 22, 41, 42, 703, Haltestelle „An der Au“ oder Haltestelle „Rungholtplatz“
Tiergehege Uhlenkrog
Zwischen Hasseer Straße/Uhlenkrog und der Struckdieksau
Buslinien 50, 51, Haltestelle „Uhlenkrog“
Wildgehege Hasseldieksdamm
Zwischen Skandinaviendamm u. d. Struckdieksau
Buslinien 100, 101, Haltestelle „Wittland“ oder
Buslinien 6, 31, 91, 704, Haltestelle „Melsdorfer Straße“
Wildgehege Hammer
Zwischen Ihlseeweg und Ihlkatenweg
Buslinie 5, Haltestelle „Ihlseeweg“
Wildpark Schwentinental
Beim Freibad Schwentinental: Jahnstraße 1, 24223 Schwentinental
Gut vom Bahnhof Raisdorf aus erreichbar,
von dort aber noch rund 1 km Fußweg.