Auch dieses Jahr werden wieder viele tausend Kinder Weihnachten ohne ihren Vater verbringen. Ihre Väter dürfen sie nicht sehen und manche nicht einmal Geschenke übergeben. Meist trifft es die Väter, aber auch Mütter werden manchmal aus dem Leben ihrer Kinder verbannt. Wie kann das geschehen, in einem Land, in dem doch scheinbar das „Kindeswohl” so viel Bedeutung hat?
Weil Du mir gehörst
„Ich hasse ihn […] ich will meinen Vater nicht mehr sehen, nie mehr! Ich wünschte, er wäre tot.”
Dies sagt die 8-jährige Anni zu Beginn des Films „Weil Du mir gehörst” bei ihrer Befragung vor dem Familiengericht aus (Sendetermin: Montag, 6.12.2021 0:50 Uhr, SWR). Ein Jahr vorher war noch alles anders: Anni verbrachte jedes zweite Wochenende bei ihrem getrennt lebenden Vater und seiner neuen Familie. Sie liebte ihn innig und auch auf den gemeinsamen Urlaub freute sie sich sehr. Die Mutter jedoch beginnt in ihrem Trennungsschmerz zunehmend Anni zu manipulieren und den Kontakt zum Vater einzuschränken. Unterstützt von ihren Eltern – also Annis Großeltern – und später ihrem Anwalt, fühlt sie sich im Recht und im Glauben, das Beste für ihr Kind zu tun. Anni zerreißt es innerlich immer mehr.
Die Handlung des Films ist fiktiv, spiegelt aber authentisch wieder, was zahlreiche betroffene Kinder, Väter und auch Mütter erleiden müssen.
TV- und Streaming-Tipps:
„Weil Du mir gehörst”
SWR-Fernsehen, Montag, 6.12.2021 0:50 Uhr (empfangbar in Kiel über DVBT-2, Satelliten-TV und Digital-TV)
Streaming-Anbieter, siehe https://www.werstreamt.es/film/details/2174369/weil-du-mir-gehoerst/
Weil Du mir gehörst – Der Talk zum Film
Aufzeichnung vom 12.02.2020
https://www.facebook.com/elternbleiben/videos/weil-du-mir-geh%C3%B6rst-/193389508440668/
Eltern-Kind-Entfremdung
„Der Begriff Eltern-Kind-Entfremdung (engl. Parental Alienation) beschreibt ein Phänomen, bei dem ein Kind – meistens eines, dessen Eltern sich in einem konfliktbeladenen Trennungs- oder Scheidungsprozess befinden – sich stark mit einem Elternteil verbündet und eine Beziehung zum anderen Elternteil ohne legitime Begründung ablehnt.”
(Lorandos, Bernet und Sauber: Parental Alienation: The Handbook for Mental Health and Legal Professionals, 2013)
Dieses Phänomen betrifft nicht nur wenige Einzelfälle. Nach einer Studie aus dem Jahr 2019 sind in der Bundesrepublik jährlich rund 120.000 minderjährige Kinder von der Scheidung Ihrer Eltern betroffen. Rechnet man die ca. 80.000 Trennungskinder von unverheirateten Paaren hinzu, sind dies jährlich 200.000 Kinder in Deutschland, von denen dann 10 % bis 15 % von ihnen eine Entfremdung von einem Elternteil erleben. Das sind also jedes Jahr 20.000 bis 30.000 Kinder, die den Kontakt zu einem geliebten Elternteil verlieren (meistens zum Vater, in Ausnahmen zur Mutter). Damit verbunden, bricht auch überwiegend der Kontakt zu den Großeltern und ggf. anderen Verwandten des jeweiligen Elternteils ab.
Die Möglichkeiten der perfiden Manipulation der Kinder durch den entfremdenden Elternteil sind sehr vielfältig, wie im Film „Weil Du mir gehörst” beispielhaft gezeigt wird. Im Kampf um Sorge-, Umgangs- und Aufenthaltsbestimmungsrecht wird den Vätern sogar vielfach sexueller Missbrauch an den Kindern vorgeworfen. So äußerte zum Beispiel Prof. Siegfried Willutzki, ehemaliger Familienrichter und Vorsitzender des Familiengerichtstages, bereits im Jahr 1994, dass der Vorwurf des sexuellen Missbrauchs in 40 % der Sorge- und Umgangsrechtsfälle erhoben wird. Davon erwiesen sich ca. 95 % als falsch. Für den beschuldigten Vater bedeutet dies jedoch meist, dass er sein Kind/seine Kinder bis zur gerichtlichen und gutachterlichen Klärung nicht kontaktieren darf. Eine Zeit, in der seine Kinder weiter von ihm entfremdet werden.
Entfremdendes Verhalten muss dem entfremdenden Elternteil nicht immer bewusst sein. Vielfach können auch Großeltern, Geschwister oder Freunde des Elternteils die Situation befeuern und damit das entfremdende Verhalten fördern. Es kann viele Gründe für die Manipulation der Kinder geben. Dazu zählen beispielsweise Verlustängste, Angst den ehemaligen Partner sehen zu müssen oder der erlittene Trennungsschmerz verbunden mit Rachegefühlen und viele weitere Gründe mehr.
Psychischer Missbrauch durch Eltern-Kind-Entfremdung muss ein Ende haben! – Aktionsbündnis „Genug Tränen!”
Im November 2021 startete das offene Aktionsbündnis „Genug Tränen! – Kinder brauchen beide Eltern” in die öffentliche Phase. Es will mit Plakaten, Social-Media, Veranstaltungen und Berichterstattungen in den Medien gesellschaftlich für das Thema sensibilisieren. Die Gründungspartner fordern, dass Eltern-Kind-Entfremdung wie in anderen Ländern auch als Form des psychischen Missbrauchs an schutzbedürftigen Kindern wahrgenommen und anerkannt wird.
Initiiert wurde das Aktionsbündnis vom „Väteraufbruch für Kinder e.V.”, der „Bundesinitiative Großeltern” und „Papa Mama Auch – Verband für Getrennterziehen”. Alles Organisationen, die bereits jahrzehntelang Erfahrungen mit dem Thema sammeln konnten. Auf der Website der Kampagne finden Sie weiteres Informationsmaterial und können auch die Petition des Bündnisses mitzeichnen.
Weitere Informationen für betroffene Väter und Mütter
Väteraufbruch für Kinder e. V. (VAfK)
VAfK-Bundesverband: https://www.vaeteraufbruch.de
Bundesweite Telefon-Hotline: 01805-120 120
Das Angebot steht Vätern und Müttern, aber auch Großeltern und Kindern gleichermaßen kostenlos zur Verfügung. Es fallen lediglich die Telefongebühren der jeweiligen Netzanbieter an.
Papa Mama Auch e. V.
https://www.papa-mama-auch.de/
Bundesinitiative Großeltern
https://www.grosselterninitiative.de/
Verband alleinerziehender Mütter und Väter
Landesverband Schleswig-Holstein e.V.
Eltern-Kind-Entfremdung
https://www.eltern-kind-entfremdung.de/
Informationswebsite der Projektgruppe „Eltern-Kind-Entfremdung” des VAfK
Text/Illustraton: Michael Oestreicher