Ein Bericht über die Entwicklung eines Bunkers vom hässlichen Entlein zum Kunstobjekt und das Projekt „Colour your life – Bunte Welt“ am Kieler Sandkrugbunker.
Das Bündnis „Eine Welt Schleswig-Holstein e.V.“ (BEI) hat für seine Projektidee, die globalen Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen den Menschen durch Street-Art näher zu bringen, eine passende Fassade und Kooperationspartner_innen gesucht. Anfang des Jahres 2017 kam daher der Kontakt zum Wirtschaftsbüro Kiel Gaarden und Jasmin Tarhouni zu Stande. Da im Stadtteil Kiel-Gaarden bereits einige Street-Art-Projekte verwirklicht wurden, konnte Jasmin Tarhouni sofort vermitteln und brachte das „BEI“ mit der Vonovia, einer Wohnungsbaugesellschaft, in Kontakt. Nils Bartels von der Vonovia war sogleich für die Projektidee zu begeistern und konnte den unter Denkmalschutz stehenden Sandkrugbunker für das Projekt zur Verfügung stellen. Das Wirtschaftsbüro Kiel-Gaarden stellte den Kontakt zur offenen Jugendarbeit des AWO Bürgertreffs Räucherei her, sodass Kinder und Jugendliche im Rahmen von Workshops an der Motivgestaltung maßgeblich beteiligt waren und zudem einiges zu den globalen Nachhaltigkeitszielen erfahren haben, die alle Staaten der Welt bis 2030 umsetzen sollen.
Für die professionellen Mal- und Sprüharbeiten konnte ein Team aus „Baltic Art“ unter Sim Levi und „Vanartizm“ unter Christoph Kröger gewonnen werden. Frau Tarhouni vom Wirtschaftsbüro hatte nach eigener Aussage schon langjährige gute Kontakte zum Künstler Sim Levi, auch wegen seiner Arbeit an privaten Häuserfassaden.
Entstehungsprozess
Streetart: Entstehungsprozess
Nahtloser Übergang des Efeus in das Gemälde hinein
Nahtloser Übergang des Efeus in das Gemälde hinein
Streetart: Bildausschnitt im Entstehungsprozess
Bildausschnitt im Entstehungsprozess
Austoben an der Sprühwand
Austoben an der Sprühwand
Wegbereitend für das Bunkergemälde waren die genannten Workshops mit Gaardener Jugendlichen. An drei Workshoptagen wurden drei Motive zu den globalen Nachhaltigkeitszielen erarbeitet. Die Kinder und Jugendlichen durften dann die endgültige Auswahl aus den gemeinsam gestalteten Motiven treffen. Die untere Denkmalschutzbehörde der Stadt Kiel wurde von Anfang an mit ins Boot geholt und konnte auf diese Weise von der Idee, die globalen Nachhaltigkeitsziele in den Stadtteil zu holen und dem ehemaligen Zivilschutzbunker eine erweiterte Bedeutung beizumessen, begeistert werden.

Der Sandkrugbunker als Mahnmal und die globalen Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen kommen an dieser Stelle zusammen, denn ein Teil dieser Ziele befasst sich maßgeblich mit dem Thema Frieden und Gerechtigkeit. Themen, die auch den Kindern und Jugendlichen aus der offenen Jugendarbeit am Herzen lagen. Weitere Zielsetzungen sind zudem Ernährungssicherheit und eine nachhaltige Landwirtschaft, eine nachhaltige Energieversorgung, hochwertige Bildung für alle Menschen, Armutsbekämpfung sowie der Klima- und Umweltschutz.

Die künstlerische Ausgestaltung des Bunkers durch das Team aus „Baltic Art“ und „Vanartizm“ hat sich über einen Zeitraum von ca. zwei Monaten erstreckt. Ich habe die Arbeiten der Profikünstler zwischendurch immer mal wieder mit Fotos dokumentiert.
Einen gelungenen Abschluss fand das Projekt mit der Enthüllung des Gemäldes durch Stadträtin Doris Grondke im Rahmen eines Street-Art-Festivals am 21. Juli 2017. Das enthüllte Gemälde stellt, wie vorher beschrieben, die globalen Nachhaltigkeitsziele in den Vordergrund, und zwar, wie sie von den Vereinten Nationen 2015 definiert wurden. Der Maßnahmenkatalog umfasst 17 Ziele sozialer, ökologischer und ökonomischer Dimensionen von Nachhaltigkeit. Natürlich steht der Frieden an oberster Stelle. Das wird auch im Kunstwerk durch eine weiße Friedenstaube ganz oben am Bunkergemälde sichtbar.

Die dargestellte Justitia steht für Gerechtigkeit: Ein interessantes Detail sind die mit Farbe gefüllten überlaufenden Waagschalen. Die Farben könnten stellvertretend für eine bunte Gesellschaft stehen.

Toll ist auf jeden Fall der nahtlose Übergang des an der Bunkerwand wachsenden Efeus in das Gemälde hinein. Eine gewisse Naturverbundenheit kommt hier zum Ausdruck, da ein Bunker ja immer einen gewissen Fremdkörper in der natürlichen Umgebung darstellt. Den Naturschutz könnte man hier thematisch mit einbeziehen.

DATUM

Fertigstellung

  • des Bunkers 01.05.1941
  • des Streetart-Gemäldes am 21.07.2017

ORT

Sandkrug-Bunker

Raaschstraße, Ecke Sandkrug
24143 Kiel-Gaarden

Doch das Bunkergemälde und seine Enthüllung waren noch nicht alles. Zu einem Street-Art–Festival gehört dann doch mehr, z. B. Livemusik. Die wurde von vier Bands geboten. Hervorzuheben ist an dieser Stelle die „Safar-Band“, eine toll groovende Multikulturelle-Band, die orientalische Musik mit akustischen Instrumenten modern interpretierte. Dem folgten die Perkussionisten von „Los Jacintos“ und zu Funk-Klängen wie James Brown´s „Sex Machine“, die durch Gaarden groovten, legten „Soul-Fire HiFi“ und „DJ Kree-Zee“ vom Muddi-Markt eine gelungene, kleine After-Show-Party hin.

Flankiert wurde das Festival von Sprühwänden zum „Austoben“ und einer kleinen Aktionsmeile mit Infoständen rund um das Thema Nachhaltigkeit. Bei schönem Sommerwetter freuten sich vor allem Kinder über die tollen Spiel- und Sprühmöglichkeiten.

Abschließend bleibt noch die gelungene Zusammenarbeit aller Projektteilnehmer_innen zu erwähnen: Das „Bündnis Eine Welt SH e.V.“ als Initiator und Träger des Projektes, das Wirtschaftsbüro Gaarden, das alle Partner_innen zusammen brachte, und die Vonovia als starker Partner, die als Eigentümerin des Sandkrugbunkers eine Realisierung des Projektes ermöglichte, sowie, last but not least, den ausführenden Künstler_innen von „Baltic Art“ und „Vanartizm“ in Gemeinschaftsarbeit mit Gaardener Jugendlichen. Das weckt die Neugier auf weitere zukünftige Projekte dieser Art.

Text: Volker Bohn · Fotos: Monja Jacobs, Raphael Jahnke