Sie fallen kaum auf, die „Stolpersteine“ in Kiel. Doch stehen die meisten dieser (bisher) 225 verlegten Steine für einen ermordeten Menschen. Eingelassen in den Bürgersteig vor den Häusern, in denen sie lebten, erinnern sie an die Menschen, die von den Nationalsozialisten ermordet oder in den Selbstmord getrieben wurden. Kaum jemand kann sich heute vorstellen was es bedeutet: 6 Millionen ermordete Menschen. Doch diese Steine holen jeden einzelnen zurück, und nur wenige Steine dokumentieren auch das Überleben einiger Verfolgter.
Die Stolpersteine sind Teil eines europaweiten Projekts des Kölner Künstlers Gunter Demnig und gelten als größtes dezentrales Mahnmal der Welt. Über 60.000 dieser Steine hat er seit dem Jahr 1995 in vielen Ländern gelegt – gar keine gibt’s bisher in Bulgarien, Serbien und München. Der Münchner Stadtrat lehnt das Projekt ab und ließ bereits verlegte Steine ausgraben. Dennoch finden sich dort 30 Stolpersteine auf privatem Grund.
Jeder der in Fußwege eingebetteten Gedenksteine ist einem Menschen gewidmet, der durch nationalsozialistische Gewalt zu Tode kam und soll so an die Vernichtung der Juden, Sinti und Roma, politisch Verfolgten, Homosexuellen, Zeugen Jehovas erinnern, an die, die den sogenannten Euthanasie- und Krankenmorden zum Opfer fielen und an die Männer, die den „Treueid“ auf Hitler verweigerten und dafür hingerichtet wurden oder Menschen, die wegen „Rassenschande“ an einem Laternenpfahl aufgeknüpft wurden.
Um Wertschätzung auszudrücken wird jeder Stein von Hand gefertigt und – bis auf wenige Ausnahmen – vom Künstler selber verlegt. Der Bildhauer Michael Friedrichs-Friedländer schlägt jeden Buchstaben mit der Hand in das Messing ein. Die Kosten werden über Spenden oder Patenschaften getragen. Trotz der Tiefe der von ihm geschaffenen Symbole und seiner Wertschätzung ist Demnig nicht unumstritten. Charlotte Knobloch, ehemals Präsidentin des Zentralrats deutscher Juden und Überlebende des Holocaust, bezeichnet die Befürworter der Stolpersteine als „Gedenktäter“, – eine Aussage, mit der sie allerdings auch bei Juden umstritten ist. Auch Morddrohungen hat Demnig erhalten, und immer wieder werden seine Steine von Rechtsgedrehten beschmiert oder zerstört.
Dem gegenüber zeigen sich viele Bürger „beteiligt“ – wie beispielsweise die jugendlichen Muslime, die sich 2012 an einer der vielen regelmäßigen Putzaktionen beteiligten (Messing läuft mit der Zeit dunkel an: ein Viertelliter Wasser, ebensoviel Essigessenz mit zwei Esslöffeln Salz ergeben – gut durchgerührt – ein probates Aufpoliermittel.
Text und Foto: Robert Kühl