Kürzlich eröffnete ein Möbelhaus in Kiel. Es ist nicht schwer zu erraten, dass es Höffner war. Den Flyer fand ich wirklich interessant. Nicht wegen der angebotenen Artikel, sondern weil es Wahrzeichen von Kiel enthielt: Ein Fährschiff, das vermutlich die Colorline darstellte, den Fernmeldeturm und das Rathaus. Sind das wirklich die Wahrzeichen Kiels, fragte ich mich. Was sind eigentlich Wahrzeichen? Nun, Wahrzeichen einer Stadt sind die Merkmale oder Erkennungszeichen. durch die sie charakterisiert wird. Aber was ist für Kiel charakteristisch? Dieser Fragestellung habe ich mich systematisch genährt:
Zunächst kann man vom Namen ausgehen. Kiel hieß ursprünglich Holstenstadt Tom Keil, was soviel wie Stadt an der Förde bedeutet. Damit ist die Kieler Förde und alles was mit ihr zu tun hat charakteristisch für Kiel.
Als übliche Verdächtige kommen Rathaus und Kirche in Betracht, die so ziemlich jeder Stadt Charakter geben. Zudem avancieren herausragende Gebäude schnell zu Wahrzeichen. Herausragend, vorwiegend in der Höhe, aber auch vom Alter, Form oder Einzigartigkeit.

Langes Nachdenken führte mich zu folgender Top-10-Liste Kieler Wahrzeichen:

Nord-Ostsee-Kanal (NOK):

Der NOK ist eine über 98 km lange Schiffsverbindung zwischen Brunsbüttel und Kiel und die meistbefahrene künstlichste Wasserstraße der Welt. Natürlich liegt das wichtigere Ende in Kiel, denn international wird der NOK als Kiel Canel bezeichnet. Die Fertigstellung erfolgte 1895 und der NOK ist wahrlich ein herausragendes Alleinstellungsmerkmal Kiels.
Der NOK zählt zu den spiegelgleichen Kanälen. Die Schleusentore sollen nur Wasserstände ausgleichen, die durch Wind und Gezeiten verursacht werden. Häufig ist er in den Schlagzeilen, weil Schiffe gerne und oft die Schleusentore rammen und dabei beschädigen.

Leuchtturm Holtenau:

Auf einem kleinen Hügel, der aus Aushubmaterial des NOK besteht, wurde 1895 der 20 m hohe Leuchtturm in Betrieb genommen. Der Backsteinbau ist ein Kulturdenkmal Kiels. Im Fundament befindet sich der Grundstein mit Gründungsurkunde des NOK. Im Leuchtturm befindet sich die Drei-Kaiser-Halle, in der den drei deutschen Kaisern gedacht wird, die während des Kanalbaus amtierten. Der Kanalbau dauerte dabei gar nicht so lange, im Jahr 1888 gab es das Dreikaiserjahr.

Hörn / Hörnbrücke:

Die Hörn ist der südliche Abschluss der Kieler Förde. Für die Stadt an der Förde ist sie das Wahrzeichen schlechthin. Ursprünglich reichte das Ende der Förde noch mehrere Meter weiter landeinwärts, wurde aber mit Abraum zugeschüttet. Dadurch bekam die Hörn ihren heutigen rechteckigen Abschluss. Die Hörn überspannt eine Dreifeld-Klapp-Zugbrücke, deren Fertigstellung (1997) sich mehrfach verzögerte, sodass sie im Volksmund den Namen Klappt-Nix-Brücke bekam. Von ihr hat man einen schönen Ausblick auf die Skyline Kiels und den Kieler Hafen.

Kleiner Kiel Kanal:

Der Kleine Kiel Kanal wurde 2020 fertiggestellt und ist eigentlich zu jung, um ein Wahrzeichen zu sein. Aber die Kieler Altstadt war früher fast vollständig vom Wasser der Förde umgeben. Bis 1846 bildete der Kleine Kiel mit dem heutigen Kieler Bootshafen einen durchgehenden Seitenarm der Kieler Förde. Weitestgehend wurde diese Verbindung zugeschüttet. Der Kleine-Kiel-Kanal verbindet nun erneut Bootshafen und kleinen Kiel und rückt die Innenstadt optisch wieder ans Wasser.

Portalkräne (German-Navel-Yard):

Der Bezug zur Förde ist trivial. Mit einer Höhe von 110 m und einer Breite von 163 m ist der große Kran wahrhaftig ein imposantes, ins Auge stechendes Bauwerk. Selbst in entfernten Stadtteilen, wie z. B. in Elmschenhagen beim Aldi, oder in Rönne, kann man den großen Kran sehen. Noch vor wenigen Jahren trug er die Aufschrift HDW. Aufgrund einer Übernahme durch einen neuen Konzern wurde die Namensänderung notwendig.

Fähren (Colorline / Stena):

Der Heimathafen der Gorch Fock ist Kiel. Allerdings sieht man sie eher selten auf der Förde fahren. Fähren der Colorline oder der Stena-Rederei fahren Kiel täglich an und setzen Maßstäbe.

Die Color Magic und Fantasy sind die weltweit größten Autofähren. Sie ragen mehr als 50 m aus dem Wasser hervor und sind aufgrund ihrer Größe ein begehrtes Fotomotiv.

Rathaus:

Wie bereits erwähnt geben Rathaus und Kirche so ziemlich jeder Stadt ihren Charakter. Das alte Rathaus am Rathausplatz ist mit seinem 106 m hohen Rathausturm, der bewusst dem Campanile der Markuskirche in Venedig nachempfunden ist, ein herausragendes Wahrzeichen Kiels.

Ursprünglich lag das alte Rathaus am alten Markt. Als dieses zu klein wurde, wurde am Rathausplatz ein neues gebaut. Das alte wurde im Zweiten Weltkrieg vollkommen zerstört. Das neue Rathaus ist heute das alte Rathaus, weil auch dieses zu klein wurde. Der Rathausturm wurde durch die Kriege nicht zerstört. Auf einer 60 m hohen Aussichtsplattform kann man dort Kiel von oben betrachten.

Nikolaikirche:

Mit dem Bau der Nikolaikirche wurde um 1242 begonnen, in etwa mit der Stadtgründung Kiels. Damit ist sie sicherlich das historisch bedeutendste Wahrzeichen Kiels. Im Laufe der Jahrhunderte gab es mehrere Um- und Neugestaltungen. Insbesondere musste sie im 15 Jh. nach einem Brand wiederaufgebaut werden. Vor ihr steht der Geisterkämpfer, eine Plastik von Ernst Barlach, dem das Kieljournal bereits einen Artikel gewidmet hat.

Fernmeldeturm:

Der Fernmeldeturm ist mit 227 m Höhe das höchste Gebäude Schleswig-Holsteins. Höher ist nur die Antenne des Senders Bungsberg mit 249 m. Allerdings ist diese kein Gebäude. In der Liste der höchsten Fernsehtürme steht Kiels Fernmeldeturm an Position 88. Spitzenreiter ist der 634 m hohe Tokyo Skytree. Die Kreisel-Torte, wie der Kieler Fernmeldeturm im Volksmund oft bezeichnet wird, wurde 1975 fertiggestellt. Torte wegen seiner aufgeschichteten Form und Kreisel wegen seines Architekten Gerhard Kreisel.

Das Grün:

Durch Parkanlagen und viele Grünflächen hat Kiel das Grün nicht aus dem Stadtbild verdrängt. Allerdings hat Potsdam deutlich mehr Grünflächen und gilt als Deutschlands grünste Großstadt. Das Kieler Grün steht auch für Nachhaltigkeit. Kiel ist seit 1996 Klimaschutzstadt, rief als erste deutsche Landeshauptstadt den Klimanotstand aus und will noch deutlich vor 2050 klimaneutral werden. Insbesondere ist Kiel auf dem Weg zur Zero Waste Stadt, will ökologischster Hafen Europas werden (Projekt Blue Port), hat die Pfandbecherinitiative „Kiel geht Mehrweg“ ins Leben gerufen und eine Luftfilteranlage direkt neben der CO2 Messstation am Theodor Heuss Ring aufgestellt. Nun, der letzte Punkt tauchte in der Jurybegründung nicht auf. 2021 war Kiel Deutschlands nachhaltigste Großstadt und wurde mit dem Deutschen Nachhaltigkeitsprinzip ausgezeichnet.

Der Artikel fing mit dem Höffner-Flyer an. Das, was dort abgebildet war, halte ich ebenfalls für Wahrzeichen Kiels. Wahrzeichen ist aber kein offizieller Titel. Wer meint, dass Wahrzeichen, wie der Bahnhof, die Ostseehalle, die Kieler Sprotte, der THW, … in meiner Auflistung fehlen, der hat recht. Denn es ist nicht „DIE“ Top-10-Liste Kieler Wahrzeichen, sondern meine persönliche Top 10-Liste. Dennoch finde ich, dass die Stadt an der Förde überwiegend durch Wahrzeichen mit Fördebezug repräsentiert werden sollte. Im Höffner-Prospekt waren es nur 33 % bei mir immerhin 60 %.

Text, Bilder: misoki