Was steckt hinter dem vom Bund mit 50 Millionen Euro ausgestatteten Programm „Corona-Auszeit für Familien“? Wer hat Anspruch und gibt es noch freie Plätze?
Als Teil des Gesamtpakets „Aufholen nach Corona für Kinder und Jugendliche“ soll Familien eine Erholung von den Belastungen der Corona-Pandemie ermöglicht werden. „Nach den enormen Anstrengungen durch die Pandemie sehnen sich viele Familien danach, endlich wieder rauszukommen, abzuschalten und Kraft zu tanken. Nicht jede Familie kann sich einen Urlaub leisten, aber alle sollen sich erholen können.“, so Bundesfamilienministerin Christina Lambrecht.
Doch was bedeutet das nun genau? Familien – auch Alleinerziehende – können in den Kalenderjahren 2021 und 2022 jeweils bis zu 7 zusammenhängende Übernachtungen in teilnehmenden Familienferienstätten buchen. Der Bund übernimmt dafür 90 % der Kosten der Unterkunft und Verpflegung. Anspruchsberechtigt sind Familien mit Kindern, die Anspruch auf Kindergeld haben, wenn sie über kleinere oder mittlere Einkommen verfügen (siehe Info-Box weiter unten) oder Leistungen wie zum Beispiel Kinderzuschlag, Wohngeld, Arbeitslosengeld II oder Grundsicherung erhalten. Einkommensunabhängig sind auch Familien anspruchsberechtigt, deren Kind oder ein Elternteil einen Grad der Behinderung von mindestens 50 hat.
Die Familienauszeiten können direkt bei den teilnehmenden Einrichtungen gebucht werden, die sich über ganz Deutschland verteilen. Alle Einrichtungen müssen gemeinnützig sein und neben Unterkunft und Verpflegung vor Ort ein Ferienprogramm für Kinder und Eltern anbieten, wie zum Beispiel Erholungs- und Freizeitangebote, Kurse zur Familienstärkung und -bildung oder zum Austausch mit anderen Familien.
Wichtig ist noch zu wissen, dass kein Rechtsanspruch auf die Förderung besteht und Ferienplätze nur begrenzt zur Verfügung stehen.
Ansturm auf die Angebote
Soweit die gut gemeinte Theorie. Fakt ist jedoch, dass die teilnehmenden Unterkünfte bereits kurz nach dem Start des Programms am 1. Oktober 2021 nahezu ausgebucht und durch die Anfragewelle so überlastet waren, dass sie teilweise gar nicht mehr erreicht werden konnten.
Aus dem Bundesfamilienministerium hieß es dazu „Die Maßnahme wurde sehr kurzfristig ins Leben gerufen. Ziel der Corona-Auszeit ist es, berechtigten Familien kurzfristig noch in diesem Jahr für die Herbstferien 2021 eine Erholung zu ermöglichen. Die Nachfrage nach der Corona-Auszeit ist in der Tat groß.“ Nun soll aber nachgebessert werden, wie auf der Ministeriumswebsite zu lesen ist: „Wir arbeiten daran, die Kapazitäten bei der Hotline und den Unterkünften zu erweitern.“
Oft zu teuer für Hartz-IV-Familien
Ein weiterer Kritikpunkt an dem Programm ist: Dieser „Corona-Urlaub“ ist für viele Familien, die Arbeitslosengeld II oder Grundsicherung erhalten, immer noch zu teuer ist, da die Anreisekosten, Kurtaxe und ggf. Nebenkosten für Bettwäsche etc. in voller Höhe von der Familie zu tragen sind. Bahnreisen zu weiter entfernten Orten sind so für viele unerschwinglich.
Corona-Auszeit in Schleswig-Holstein
Aber warum in die Ferne schweifen, wenn wir doch im schönsten Bundesland leben. Bisher 13 Ferienstätten (Stand 28.10.2021) in Schleswig-Holstein nehmen ebenfalls an dem Programm teil. Allerdings findet sich bei diesen meistens auch der Hinweis, dass vorübergehend keine Angebote mehr verfügbar sind. So sieht es auch bei den teilnehmenden Jugendherbergen aus. Auf der DJH-Website finden sich aber zumindest noch ein paar wenige Rest-Angebote – auch in Schleswig-Holstein.
Aussicht auf weitere geförderte Urlaubsangebote
Es bleibt also abzuwarten, wann, wo und welche Familienferienstätten in Zukunft noch teilnehmen werden. Vom 28. Oktober bis 18. November 2021 läuft eine 3. Antragsphase, in der sich Ferienstätten für das Programm bewerben können. Interessierte Familien sollten daher regelmäßig das Verzeichnis der Urlaubsziele beim Bundesfamilienministerium prüfen. Hier finden Sie auch Einzelheiten zu den Anspruchsvoraussetzungen. Weitere Fragen werden auch telefonisch unter der kostenlosen Hotline 0800 866 11 59 (evtl. wegen Überlastung nicht erreichbar) oder per E-Mail an beantwortet. Ebenso informiert der Verband der Kolpinghäuser e. V. als zentralverantwortliche Stelle des Programms auf seiner Website dazu.
Text/Gestaltung: Michael Oestreicher
Beispiele für Einkommensgrenzen
Auf der Website des Bundesfamilienministerium können Sie mit dem Online-Check ermitteln, ob Sie die Voraussetzungen für eine „Corona-Auszeit für Familien“ erfüllen. Hier einige Beispiele:
1. Beispiel:
Paar mit zwei Kindern (3 und 8 Jahre alt): Die Einkommensgrenze des monatlichen Haushaltseinkommens beträgt 5576 Euro brutto im Monat, um eine Corona-Auszeit in Anspruch nehmen zu können.
2. Beispiel:
Paar mit einem Kind (3 Jahre): Die Einkommensgrenze des monatlichen Haushaltseinkommens beträgt 4340 Euro brutto im Monat.
3. Beispiel:
Alleinerziehende mit zwei Kindern (6 und 14 Jahre): Die Einkommensgrenze beträgt 4958 Euro brutto im Monat.
4. Beispiel:
Alleinerziehender mit einem Kind (6 Jahre): Die Einkommensgrenze beträgt 3466 Euro brutto im Monat.