Illustration Paul Langmaack

Wohnraum ist für die meisten Menschen ein existenzielles Bedürfnis. Die Situation in Kiel ist prekär, da in den letzten Jahren die Zahl der Wohnungslosen immer weiter zugenommen hat. Laut Kieler Sozialbericht stieg die Anzahl der akuten Wohnungsnotfälle von 422 (2013) auf mittlerweile über 1000. Der Anteil der Frauen erhöhte sich nach Angaben der stadt.mission.mensch von 17 (2014) auf 28 Prozent. Die stadt.mission.mensch hat sich diesem Problem angenommen und eine Beratungsstelle für Frauen in Wohnungsnot geschaffen.

Die Frauenabteilung der Wohnungslosenhilfe nahm ihre Arbeit 1995 in einem Ladenlokal in der Harmsstraße auf. Seit 2008 ist sie in der Damperhofstraße 12 ansässig. Die im Innenhof des Gebäudes gelegenen Räumlichkeiten sind bunt geschmückt, und machen den Eindruck, dass jede hier willkommen ist. Die Gründe, weshalb die Beratungsstelle aufgesucht wird, sind vielfältig: Trennung vom Partner, Gewalterfahrungen, Probleme in der Familie, psychische oder physische Erkrankungen, Sucht, Arbeitslosigkeit. Häufig kommen mehrere Ursachen zusammen. Frauen warten, im Gegensatz zu Männern, oft lange, bevor sie die Hilfe der Beratungsstelle in Anspruch nehmen, schlagen sich mit Zwischenlösungen durch oder kommen bei Freunden unter. Sie legen viel Wert darauf, dass ihre Wohnungsnot unerkannt bleibt. Dadurch kann man den Eindruck bekommen, bei Frauen sei das Problem seltener, als es tatsächlich der Fall ist

Professionelle Beratung mit Herz

Die Beratung fängt meist damit an, erst einmal die akute Krisensituation zu bewältigen, schlicht etwas zu Essen und einen Schlafplatz zu besorgen. Dann wird gemeinsam mit der Betroffenen besprochen, wie es weitergeht. Hilfe bei der Dokumentenbeschaffung und behördlichen Angelegenheiten ist oft der erste Schritt, denn ohne den „Papierkram“ können auch keine Unterstützungsleistungen beantragt werden. Hier ist häufig schon die fehlende Adresse die erste Hürde, weshalb Kielerinnen ohne festen Wohnsitz die Anschrift der Beratungsstelle als Postadresse nutzen können. Weiter wird in fast allen Anliegen geholfen, wobei an erster Stelle steht, dass alles auf Wunsch der Betroffenen passiert und nichts ohne ihre Zustimmung unternommen wird. Vertrauen wird hier groß geschrieben und alle Mitarbeiterinnen der Einrichtung unterliegen der Schweigepflicht. Die offenen Sprechzeiten am Montag, Dienstag, Donnerstag und Freitag von 8.30 bis 13.00 Uhr kann jede ohne Termin besuchen.

Im Erdgeschoss der Beratungsstelle, dem größtenteils selbstverwalteten „Reich“ der Frauen, findet zur selben Zeit der Tagestreff statt. Wer nicht unbedingt sofort eine Beratung will, sondern lieber erst einmal nur einen Kaffee trinkt oder sich durch Gespräche mit den anderen Frauen einen Eindruck verschafft, kann hier, auf Wunsch auch anonym, einfach vorbeikommen. Der Tagestreff bietet einen geschützten Aufenthaltsort für gegenseitige Unterstützung und Information. Es gibt eine Küche, Waschmaschine, Schreibecke, Telefon und PC die genutzt werden können sowie Geschirr- und Kleiderbörse, wo jede mitnehmen kann, was sie möchte.

Auf Regen folgt Sonnenschein

Den Mitarbeiterinnen liegt soziale Gerechtigkeit besonders am Herzen. Sie haben es sich zum Auftrag gemacht, Frauen auf dem Weg zu mehr Eigenständigkeit zu begleiten und zu unterstützen. Dabei bringt jeder Tag neue Herausforderungen. Den „normalen“ Arbeitstag gibt es hier nicht. Und so groß die Krisen auch sein mögen, umso schöner ist es, wenn sie überwunden werden. Manchmal ist es auch einfach gut, mal aus dem Alltag rauszukommen und etwas zu unternehmen, um auf andere Gedanken zu kommen. Dafür werden gemeinsame Aktivitäten geplant und es wird versucht auch Frauen, die es sich sonst vielleicht nicht leisten könnten, Kultur zugänglich zu machen. Eines der Highlights war ein Musicalbesuch in Hamburg, der durch die Unterstützung großzügiger Spender*innen möglich gemacht wurde.

Die Beratungsstelle freut sich auch jederzeit über kleine Sachspenden wie Geschirr, Bekleidung, Töpfe oder Bettwäsche. Ebenso werden Busfahrkarten immer benötigt. So können alle, wenn sie möchten, etwas dazu beitragen, dass diese wichtige Einrichtung, die heute mehr denn je gebraucht wird, weiterhin ihre Arbeit machen kann.

Eingang der Ber

Frauenberatungsstelle und Tagestreff
Damperhofstraße 12
24103 Kiel

Öffnungszeiten:
Mo, Di, Do, Fr 8:30 – 13:00 Uhr

Tel.:0431 / 26044 – 640
Fax: 0431 / 26044 – 649


Web: http://www.stadtmission-mensch.de
Mail:



Autor / Layout / Illustrationen / Fotos: Paul Langmaack