Ob Nähen, Malen, Zeichnen oder basteln, den Kunstformen sind keine Grenzen gesetzt. Künstlerisches Wissen oder Können ist keine Voraussetzung, um teilzunehmen, man erforscht sich dort selbst und kann seine kreative Ader entdecken.
„Wir bekamen alle ein DIN A3 Blatt und durften uns zwei Stifte auswählen. Aufgabe war, ob kniend oder stehend, die Ellenbogen irgendwo auf dem Papier zu fixieren und dann zu sehen, was wir in dieser Haltung mit diesen zwei Stiften anstellen konnten. Wohlgemerkt sollten beide Stifte zeitgleich bewegt werden. Nicht unbedingt parallel, aber keine Hand sollte still stehen. Mit den fixierten Ellenbogen ist das gar nicht so einfach und einige Bewegungen sorgten dafür, dass die Finger und Handgelenke verkrampften. Je nachdem, welche Art Stift man hatte, in meinem Fall ein Buntstift und ein Kugelschreiber, stand man auch vor anderen Problemen. Mein Kugelschreiber hat in bestimmten Winkeln halt einfach nicht mehr gemalt und es erforderte noch mehr Anstrengung, den Strich in etwa dahin zu bekommen, wo ich ihn haben wollte.“

Kreativ sein ohne sich groß den Kopf zu zerbrechen und daran zu verzweifeln. Etwas, dass sich jeder Künstler von Zeit zu Zeit wünscht und viele Menschen davon abhält überhaupt mit etwas künstlerischem anzufangen. Einen Schritt in diese Richtung macht…
The Dinner Stories Project – Here I Am
Der Titel des Projektes lehnt sich an die Geschichten an, über die sich Familien beim Abendessen austauschen. So findet man sich einmal die Woche in einer netten Runde zusammen und tauscht sich untereinander aus. Dieser Austausch dient als Inspiration, um dann unter Anleitung der Künstlerinnen Kati Luzie Stüdemann und Deborah di Meglio der Kreativität freien Lauf zu lassen. Deborah übernimmt dabei die Anleitung in Sachen Kunst und Kati in Sachen Choreographie und Theater – ebenso stehen bei ihr meist körperliche Übungen zur Entspannung auf dem Programm.

Am Ende soll aus den „Dinner Stories“ ein Kunstwerk entstehen, das Ergebnis und der Weg dahin sind jedoch noch völlig offen. „Oftmals blockiert man sich selbst, da man seine Erwartungen zu hoch steckt und auf ein, für sich, perfektes Endergebnis hinarbeitet“, meint Deborah. Dieses Projekt diene daher als Unterstützung, aus dem Denken nach einem perfekten Werk auszubrechen. Nicht denken, sondern einfach anfangen, sehen, was sich daraus entwickelt und das ganz ohne Frustration. Dazu diente auch die Aufgabe, die es zu bewältigen galt. Es ist einfach unmöglich unter diesen erschwerten Bedingungen ein klares Bild aus der Vorstellung zu zeichnen.




„Am Ende hatte ich, meiner Meinung nach, Gekrakel, an dem man ziemlich gut erkennt, wo und wann ich Schwierigkeiten hatte, den Stift ruhig und gut zu halten. Andere haben es sich einfacher oder es einfach anders gemacht und höchstens die Hälfte des Blattes mit wesentlich kleineren und engeren Linien gefüllt. Deborah beurteilte jedes einzelne unserer Kunstwerke und teilte uns ihre ersten Eindrücke mit, bevor es zur ‚Hausaufgabe‘ ging. Die Aufgabe: Aus dem was wir gemalt haben Formen finden, diese ausmalen und ausschneiden. Anschließend sollen wir aus diesen ausgeschnittenen Elementen ein 3D-Model erstellen, dürfen aber nur nehmen was wir haben. Auch das Papier, auf welches wir dieses Model kleben soll aus diesem ursprünglichen Din A3 Blatt bestehen. In meinem Fall habe ich nicht mehr sehr viel Papier dafür übrig, aber weitaus größere Elemente zum Basteln. Diejenigen die so klein gemalt haben, haben zwar eine riesige Fläche zum Bekleben, dafür jedoch nur sehr kleine Elemente die sie ausschneiden und in Form bringen müssen.“
‚The Dinner Stories – Project‘ wird vom Kiel CREARtiv e.V. angeboten und richtet sich in diesem Fall nur an Frauen zwischen 16 und 65 Jahren. Die Institution hat jedoch noch mehr zu bieten!
Was ist Kiel CREARtiv?
Kiel CREARtiv ist ein Zusammenschluss von Künstler_innen, wie z.B. Musiker_innen und Schauspieler_innen, Pädagogen_innen und Unternehmer_innen, die sich im Bereich Kunst und soziale Entwicklung engagieren. Im Jahr 2006 rief Kati Luzie Stüdemann mit sechs weiteren Gründungsmitgliedern den Verein ins Leben.
Die grundlegende Idee ist es die argentinische Organisation „Crear vale la pena“ aus Buenos Aires nach Deutschland zu holen. Sie bietet Kindern und Jugendlichen aus den Slums, durch künstlerische Arbeiten, neue Perspektiven.

Oftmals unterscheiden sich die Jugendlichen in ihren Kernproblemen nicht großartig von den Kids, mit denen in Buenos Aires gearbeitet wird, wie z.B. ein niedriger Bildungsstand, Ausgrenzung, schlechtes Image, geringes Selbstvertrauen oder sozial schwierige Lebenslagen. Die Angebote richten sich hauptsächlich an Jugendliche zwischen 10 und 20 Jahren. Dabei handelt es sich meist um kreative Projekte mit offenem Ergebnis. Häufig entstehen Choreographien und Theaterstücke, aber auch andere Kunstwerke sind möglich.
Ziel des Kiel CREARtiv ist, Jugendliche und junge Erwachsene in ihrem Leben zu unterstützen. Durch die Arbeit an den Projekten lernen die Jugendlichen, dass ihre Stimme gehört wird, ihre Meinung wertvoll ist und ihre Ideen dabei helfen, gemeinsame Ziele zu erreichen. Außerdem treffen unterschiedliche soziale Schichten, Generationen, Kulturen und Lebensansichten aufeinander, die gemeinsam etwas entwickeln und dabei voneinander lernen. Dadurch sollen das Selbstwertgefühl, das Wissen um eigene Stärken und Schwächen, das Verantwortungsbewusstsein und die Teamfähigkeit der Jugendlichen trainiert und gestärkt werden. Besonders durch die Begegnung mit Personen aus unterschiedlichen sozialen Schichten und anderen Kulturen werden Vorurteile abgebaut und der Sinn für Gleichwertigkeit verstärkt.
Mit bestimmten Projekten wie „The Dinner Stories“ oder der offenen Forum-Theatergruppe richten sich einige Angebote an Privatpersonen. Allerdings kooperiert der Verein auch mit Schulen und Unternehmen und entwickelt Angebote für Projekttage und Workshops.


Text / Layout / Bilder: Sandra Eger