Üblicherweise denkt man beim Thema Klimawandel an Wetterextremereignisse wie Tsunamis, Tornados oder Überschwemmungen, wie sie oft im Fernsehen als Auswirkungen in den Vordergrund gestellt werden. Der Begriff enthält jedoch noch weitere Aspekte, die nicht weniger wichtig sind. Hierzu zählen unter anderem die Klima- oder Umweltgerechtigkeit und Fluchtbewegungen als mögliche Auswirkungen des Klimawandels.

Diese Themengebiete werden von Prof. Dr. Silja Klepp als Teil ihrer Arbeit als Sozialanthropologin an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel bearbeitet. Hierbei setzt sie sich im Bereich der Umweltgerechtigkeit mit Fragestellungen zu einem gerechteren Miteinander mit anderen Kulturen auseinander.

Auswirkungen auf Kulturen

Ihre Forschungstätigkeit konzentriert sich auf Kiribati, einen Atoll-Inselstaat in Ozeanien. Dieser hat in den letzten 150 Jahren so gut wie kein CO2 ausgestoßen, ist jetzt aber als eines der ersten Länder durch den Klimawandel existenziell bedroht. Da die Höchsterhebung auf Kiribati 3m über dem Meeresspiegel liegt, ist davon auszugehen, dass der Inselstaat aufgrund des vom Klimawandel bedingten Anstieges des Meeresspiegels im Meer versinken wird. Die Bewohner*innen müssen ihre Inseln aber voraussichtlich aufgrund von Nahrungsmittelmangel schon viel früher verlassen. In Verhandlungen der kiribatischen Regierung mit Fidschi gelang es, eine Landfläche von 2200 Hektar in Fidschi zu erwerben. Auf diese Landfläche sollen die ca. 100.000 I-Kiribati innerhalb der nächsten Jahre und Jahrzehnte umgesiedelt werden. Fidschi ist übrigens der einzige Staat, der sich bis jetzt dazu bereit erklärt hat, die I-Kiribati als zukünftige Klimaflüchtlinge aufzunehmen.

Ebenso wichtig ist der Themenbereich der Fluchtbewegungen. Hier nimmt Prof. Dr. Silja Klepp eine Position „pro Flüchtlinge“ ein. Ihre Positionierung in diesem Gebiet wird hier extra erwähnt, da Ethnologen*innen ein solcher Hinweis sehr wichtig ist. In der Ethnologie war man sich, im Gegensatz zu anderen Disziplinen in der Wissenschaft, schon recht früh darüber im Klaren, dass Wissenschaftler*innen Teil des Forschungsfeldes sind und im Forschungsfeld interagieren. Da die eigene Positionierung die in den wissenschaftlichen Arbeiten geforderte Objektivität beeinflussen kann, ist es für Ethnolog*innen besonders wichtig, ihren Standpunkt zum Thema so transparent wie möglich zu machen. Dies wird praktisch dadurch erreicht, dass man möglichst genau die eigene Rolle und die eigene Positionierung im Feld reflektiert.

„Die Reflexionsarbeit ist Teil der wissenschaftlichen Arbeit, ohne die das Ganze auch nicht wissenschaftlich i!“

Prof. Dr. Silja Klepp; Interview für das Kieljournal

Eine Frage der Moral (oder Moralische Fragen?)

Ein weiterer Bereich, mit dem sich Prof. Dr. Silja Klepp beschäftigt, ist der Bereich der Umweltgerechtigkeit. Hier untersucht sie unter anderem die Fragestellung des unterschiedlichen Verhaltens von Menschen in Gesellschaften, wie zum Beispiel in Deutschland. Es lässt sich feststellen, dass es Menschen gibt, die im Vergleich zu anderen, sehr viel weniger CO2 ausstoßen. Interessanterweise zeigt die Forschung, dass es sich beim persönlichen CO2-Ausstoß eher selten um eine persönliche Entscheidung „pro Klima“, als vielmehr um eine durch das zur Verfügung stehende Einkommen oder Vermögen bedingte Größe handelt. Ein höherer CO2-Ausstoß geht danach meist mit höheren zur Verfügung stehenden Geldmitteln einher. Eine interessante Frage, die sich hieraus ergibt, ist, wie zukünftig Menschen, insbesondere auch wohlhabendere, nachhaltig zu einer größeren Bereitschaft zum CO2 einsparen animiert werden können.

Kiel und der Klimawandel

In Kiel ist die Einsicht, dass es nicht so weiter gehen kann und man etwas gegen den Klimawandel unternehmen sollte, schon recht früh gereift. Aus diesem Grund ist Kiel schon seit 1995 Klimaschutzstadt. Titel helfen der Umwelt natürlich nicht wirklich weiter. Daher hat sich Kiel konkret vorgenommen, bis 2050 im Vergleich zu 1990, die Treibhausgas-Emissionen um 95 Prozent zu reduzieren und den Endenergieverbrauch zu halbieren.

Bis zum Jahre 2014 ist hierbei schon eine Reduktion von ca. sechs Prozent bei den Treibhausgas-Emissionen erreicht worden. Die darüberhinausgehenden zusätzlichen Einsparungen sollen durch die Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen, wie sie im „Masterplan 100% Klimaschutz für die Landeshauptstadt Kiel“ definiert sind, erreicht werden. Als besonders wichtige Maßnahmen werden hierbei die energetische Gebäudesanierung, Energieeffizienz im Neubau, Optimierung des Heizungssystems, CO2-neutrale Fern- und Nahwärmeversorgung und die Ausweitung ihrer Nutzung, effiziente Beleuchtung, E-Mobilität, Verbesserungen im öffentlichen Verkehr, Ausbau der Infrastruktur für Fahrräder und die Verbesserung des Nutzerverhaltens gesehen.

Quellen:

[1]„Interview für das Kiel Journal mit Prof. Dr. Silja Klepp“, 25.10.2019
  
[2]„Der Klimawandel und seine Folgen: Auf der Flucht vor dem Klima?“, Der Tagesspiegel, 22.11.2019
  
[3]„Masterplan 100% Klimaschutz für die Landeshauptstadt Kiel“, Landeshauptstadt Kiel, Umweltschutzamt, Abteilung Klimaschutz, Holstenstraße 108, 24103 Kiel, Internet: www.kiel.de/klimaschutz

Text/Layout: Florian Langner
Fotos: Thomas W.