Als ich das erste Mal von der Toppoint hörte, befanden wir uns noch im vorigen Jahrtausend. 33.6k Modems waren das schnellste, was ein normaler Mensch ohne ISDN nutzen konnte, um ins Internet zu gelangen und das Internet an sich wurde noch von vielen als „Spielkram“ belächelt. Damals war die Toppoint hauptsächlich ein unabhängiger Provider und Treffpunkt für die, die mal etwas schneller ins Internet wollten. Ich habe mich damals auch nicht wirklich viel mit dem Verein beschäftigt, meine Interessen lagen woanders. Als ich dann aber vor ein paar Jahren – inzwischen konnte fast jeder Hochgeschwindigkeits-DSL nutzen – hörte, dass es die Toppoint immer noch gibt und es dort schon lange nicht mehr um Internet und Provider, sondern um moderne Technologie an sich und den Umgang damit geht, wurde mein Interesse wieder geweckt. Und so machte ich einen Termin mit Daniel Ehlers, einem Vorstandsmitglied der Toppoint, um über den Verein zu lernen, zu sehen, was hier gemacht wird und diesen Artikel zu schreiben.

Ich fühlte mich bei meiner Anfahrt ein wenig wie jemand aus einem Verschwörungsroman, der auf der Suche nach dem geheimen Hauptquartier einer Verschwörergruppe ist: Erst musste ich um das große Neufeldt-Haus herum, dann die dunkle Treppe hinab, in den noch dunkleren Eingangsbereich und dort dann zur ganz besonders schattigen Tür am Ende des kleinen Ganges zur rechten Seite. Und was sehe ich dort? Ein Hinweisschild, keine Fotos zu machen und einen Aluminiumfolienspender nebst Anleitung zum Aluhutbauen.

Daniel von ToppointDieses merkwürdige Gefühl der Verschwörungen ging dann aber ganz schnell wieder weg, als Daniel die Tür aufmachte und mich in den Räumen der Toppoint begrüßte. In der Tat machten die Räume auf mich einen sehr warmen Eindruck, nicht wie man sich, inspiriert aus Film und Fernsehen, einen Verein für Hacker* und Bastler vorstellen würde. Nicht eine, nein, gleich zwei gemütliche Sofaecken gab es, mit Monitoren und Lautsprechern an Wänden und Decken, nebenan die Küche mit einer riesigen Auswahl an Naschkram und einem gut gefüllten Kühlschrank. Es erinnerte mehr an einen Partykeller. Erst nachdem mich Daniel durch die Räume führte, mir den Serverraum, den Bastelraum und die anderen Räume weiter hinten zeigte, wo Lötstation, 3D-Drucker, Projektoren und diverse Bastelprojekte sich befanden, konnte ich sehen, dass hier viel mehr als nur geselliges Zusammensein passierte und ich mich in einem Hackerspace* befand.
Nach dem Rundgang setzte ich mich dann mit Daniel zu einem Interview zusammen und wir sprachen über die bewegte Geschichte der Toppoint, über die Mitglieder und Aufgaben des Vereins und die Aktivitäten.

Geschichte der Toppoint

Im Jahr 1990 wurde die Toppoint gegründet. Zu diesem Zeitpunkt gab es das Internet wie wir es kennen noch nicht, stattdessen gab es kleine Netzwerke zum Austausch von Emails, die meist von Privatpersonen betrieben wurden und eine starke Benutzung der Telefonleitung erforderten. Dies kostete natürlich sehr viel damals, und so taten sich die sieben Gründer der Toppoint als Verein zusammen, um so zusammen die Kosten zu tragen und ihr Netzwerk zu verbessern. Daraus entstand später der Wunsch, für Mitglieder allgemein einen zuverlässigen Internetzugang zu bieten, besonders, da der Verein jetzt einen eigenen Standort hatte und dort eine für damalige Zeiten sehr schnelle Anbindung über das Wissenschaftsnetz hatte. So begann Toppoint, als Provider für seine Mitglieder zu fungieren.
Später arbeitete die Toppoint auch mit KielNet zusammen. Für die Kunden KielNets war der Anruf zu anderen Kunden kostenlos, und so konnten diese über die Toppoint praktisch kostenlos ins Internet. In dieser Zeit wuchs die Zahl der Mitglieder stark und es gab zeitweise bis zu 400 aktive Mitglieder. Dies hielt eine ganze Weile an, aber mit der Einführung von günstigen DSL-Verbindungen in Kiel und Umgebung gab es irgendwann keinen wirklichen Bedarf mehr und so richtete sich der Verein schließlich neu aus: Weg vom Provider, hin zum Treffpunkt für Menschen, die sich mit moderner IT Technik, Computern und all ihren Anwendungen beschäftigten. Ein Hackerspace. Und dies ist die Toppoint von heute.

Die Mitglieder und Aufgaben des Vereins

Die ToppointGenerell ist die Toppoint ein Treffpunkt für technologieaffine Menschen, die in Ruhe oder in Gesellschaft ihre Projekte betreiben möchten. Es gibt derzeit 115 Mitglieder und den Vorurteilen zum Trotz sind davon auch einige weiblich, auch wenn es bei weitem nicht 50% sind. Hier kann man sich mit einer Vielzahl von Dingen beschäftigen, neben der üblichen Handhabe mit Internet und Computer gibt es auch eine Lötstation und einen Raum für Holzarbeiten, der 3D-Drucker wird gerne benutzt und auch sonst strotzt der Verein nur so von Resultaten des sogenannten Fricklns, des kreativen Bastelns im Bereich Elektronik. Generell kann jeder hier Mitglied werden und die verschiedenen Ressourcen des Vereins nutzen, allerdings nach einer kleinen Einführung. Manche Dinge bedürfen Sicherheitserklärungen, die Holzwerkstatt mit der Säge und dem clever selbst konstruierten Staubabzug ist hierfür ein gutes Beispiel.
Die Mitglieder der Toppoint setzen sich gegen digitale Überwachung ein, sie bauen das Freifunknetz  in Kiel weiter aus, sind engagiert in Open Data und Open Source und beschäftigen sich mit der digitalen Welt und all ihren Facetten. Dazu kommt, dass sie öfter Landtagsabgeordnete bei sich haben und diese in technischen Fragen beraten. Sie haben dies übrigens auch schon für das Fernsehen getan: der Tatort, der im März lief, wurde mit ihrer Hilfe gedreht. Zudem sind Mitglieder aktiv beim Reparatur-Café in Gaarden.

Aktivitäten im Verein

In den Vereinsräumen ist generell ab 19 Uhr immer etwas los, die meisten gehen hier nach Feierabend oder Studium hin. Jeden Mittwoch findet eine LPI zertifizierte Lerngruppe statt, Freitags wird gefricklt* und einmal im Monat gibt es das Freifunk-Treffen. Die bereits erwähnten Landtagsabgeordneten kommen meist zu diesen Terminen, um sich über das Projekt Freifunk und andere Dinge zu informieren.
Die Toppoint ist allerdings kein Ort, an dem man seinen kaputten Laptop kostenlos reparieren kann. Zwar helfen die Mitglieder gerne bei Fragen und es gibt sicher auch immer jemanden, der mal Zeit hat bei Problemen, doch das ist nicht die Aufgabe und auch nicht die Philosophie der Toppoint. Hier gilt: Selber machen!

Ich muss sagen, dass ich sehr beeindruckt war von meinem Besuch. Besonders interessant fand ich zum Beispiel das Monitorsystem: In jedem Raum ist ein Monitor angebracht, auf dem Nachrichten, Bilder, Videos und sonstiges angezeigt werden können, je nach Laune. Auch gab es ein selbstgemachtes Lautsprechersystem, das sogar vom Telefon aus angesteuert und für Durchsagen genutzt werden kann. Und die kreativen Lösungen im Serverraum und an der Holzsäge: fantastisch!

Am Ende meines Besuches stand für mich fest, dass dieser Verein ein großer Gewinn für Kiel ist und hier tatsächlich ein kleines Paradies für Hacker und Bastler geschaffen wurde. Es ist ein gutes Gefühl, dass es einen Verein gibt, den unsere Politiker auch ernst nehmen und konsultieren, wenn es Fragen im IT Bereich gibt und ich hoffe, dass der Verein noch viele gute Dinge auf die Beine stellen wird und noch viele Mitglieder finden wird, die ähnlich denken. Außerdem weiß ich jetzt, wie ich einen Aluhut bauen kann, von daher kann die Zukunft kommen. Vielen Dank, Daniel und Toppoint!

INFO

Begriffserklärung

„Hacker“
Ein Hacker ist ein Mensch, der Dinge entgegen ihrem ursprünglichen Sinn benutzt oder verändert, um sein Ziel zu erreichen.

„Hackerspace“
Ein Ort, an dem sich Hacker und andere Technikinteressierte treffen und austauschen können. Meist in Vereinen organisiert und an und für sich ein sehr bunter Ort.

„Frickln“
„… ist Kreativität mit Technik im Bereich Elektronik und andere Bastelprojekte!“ (toppoint.de)