Fugging schreibt sich jetzt mit doppelten g. Nein, nicht die Tätigkeit, sondern der Ort in Österreich. Wenn das Ortsschild nicht gerade mal wieder geklaut war, spielten sich dort FSK 18 Szenen ab, die in den sozialen Medien gepostet wurden. Was mag da wohl erst in Pissen (Sachsen-Anhalt) oder Petting (Bayern) los sein, die ihre Namen behalten haben?

Es gibt schon seltsame Ortsnamen, auch in Schleswig Holstein. Z.B. das nahe Lübeck gelegene Luschendorf oder das zur Gemeinde Munkbrarup gehörende Geil. Kiels Stadtname gehört nicht dazu. Ursprünglich lautete er: Holstenstadt tom Kyle und bedeutete so viel wie: Holsteinstadt an der Förde. Kyle stand dafür für Keil, der die spitz ins Land ragende Kieler Förde bezeichnete. Auch wenn der Kieler Ortsname normal ist, so haben wir doch schon einige kuriose Straßennamen. Das Finanzamt wurde damals im Volksmund Schröpfecke genannt. Die Ratsversammlung bewies Humor und bezeichnete so eine Straße direkt am Finanzamt Süd. Dieses ist mittlerweile umgezogen, der Straßenname aber geblieben.

Wenn es um kuriose Straßennamen geht, darf der Stadtteil Elmschenhagen nicht unerwähnt bleiben. Ursprünglich hieß er Elversershagen, wobei Hagen ein eingezäuntes Gebiet bezeichnet und Elvers wahrscheinlich auf Ellern, eine norddeutsche Bezeichnung für Erlen, zurückgeführt werden kann. So weit, so gut jetzt wird es aber kurios. Straßennamen wie Tiroler Ring, Wiener Alle, Salzburger Straße, Rosenheimer Straße, Berchtesgadener Straße, Partenkirchener Straße … lassen vermuten, dass jemand urlaubsreif gewesen sein muss. Zwar ist ein Bezug zum Urlaub nicht auszuschließen, betrachtet man aber auch Straßen wie, Reichenberger Alle, Karlsbader Straße oder Franzensbader Straße, die auf das heute Tschechien hinweisen, führt uns die Geschichte der Straßennamen in eine dunkle Zeit:

Wir schreiben das Jahr 1939. Der Wohnraum in Kiel wurde knapp. Die Bevölkerungszahl war auf über 265.000 gestiegen. Etwa 20.000 mehr als heute, aber die Fläche von Kiel war damals deutlich kleiner. Die Ursache für den Bevölkerungsanstieg in Kiel lag in der militärischen Aufrüstung des nationalsozialistischen Deutschland. Die Wirtschaft der Stadt wurde von der Marine, den Werften und ihren Zulieferbetrieben bestimmt. Soldaten und Arbeiter zogen in die Stadt, die auch Wohnraum beanspruchten, der dadurch in Kiel äußerst knapp wurde.

Da in der angrenzenden Gemeinde Elmschenhagen bereits Bauland erschlossen war, ordnete das preußische Staatsministerium und der Oberpräsident der Provinz Schleswig-Holstein die Eingemeindung Elmschenhagens zum 1. April 1939 an. Elmschenhagen wurde als Gartenstadt angelegt. In Heim und Garten sollten die Werftarbeiter Ruhe und Erholung finden, die sie brauchten, um ihre schwere Aufgabe erfüllen zu können: Dem Führer des Deutschen Reiches eine starke Flotte zur Verteidigung des Vaterlandes zu schaffen.

Die Eingemeindung von Elmschenhagen machte eine Benennung der neu entstehenden Straßen und eine Umbenennung einiger bereits bestehender Straßen notwendig. Durch den Oberbürgermeister Walter Behrens wurde am 13. Juli 1939 in der Kieler Ratsversammlung die Straßenbenennung für Elmschenhagen beschlossen. Für die Namensgebung in Elmschenhagen-Nord war die Annektierung Österreichs 1938 ausschlaggebend. Die Straßennamen von Elmschenhagen-Süd bekamen vornehmlich einen Bezüg zu Orten aus dem Sudetenland. Dies war eine Würdigung des 1938 in Kraft getretenen Münchener Abkommens. Es regelte die Abtretung von Gebieten der Tschechoslowakei an das Deutsche Reich. Für die Landhaussiedlung Kroog, die zu Elmschenhagen gehörte, wurden in Anlehnung an das Sudetenland und an Österreich Ortsnamen aus Oberbayern gewählt. Es gab auch noch ein viertes Bezeichnungsschema: Straßen wurden nach Freiheitskämpfern benannt, die in Österreich gefallen waren. Franz Leeb, Ludwig Maitzen, Otto Planetta, Franz Holzweber und Josef Hackel wurden so geehrt. Sie kamen im Juliputsch 1934, einem gescheiterten Umsturzversuch, in Österreich ums Leben. Da es sich bei diesen Personen um Nationalsozialisten handelte, wurden die Straßen nach dem Zweiten Weltkrieg umbenannt. Geblieben ist der Andreas-Hofer-Platz. Andreas Hofer wurde lange vor der Machtergreifung Hitlers hingerichtet, weil er gegen die bayrische und französische Besetzung Österreichs kämpfte. In Österreich gilt er heute noch als Volksheld.

Wenn man erst einmal die Geschichte dahinter kennt, dann findet man die Straßennamen in Elmschenhagen gar nicht mehr so kurios. Um den Artikel nicht so beklemmend ausklingen zu lassen: Straßennamen, die historisch gesehen unbelastet sind und einen zu schmunzeln bringen, gibt es in Kiels Innenstadt. Neben der bereits erwähnten Schröpecke gibt es dort den Philosophengang, der übrigens ganz in der Nähe der Beamtenlaufbahn liegt. Der Philosophengang wurde von Professoren auf dem Weg zur Uni benutzt, die Beamtenlaufbahn bezeichnet die kürzeste Verbindung zwischen Polizeidirektion und Rathaus.

Wer nicht nur eine Übersicht, sondern auch eine Erklärung Kieler Straßennamen sucht, der sei auf das Kieler Straßenlexikon (https://kiel.de/de/kiel_zukunft/stadtgeschichte/kieler_strassenlexikon.php) verwiesen.

Text, Fotos: misoki