Papier spielt in Deutschland eine ganz besondere Rolle. So ziemlich alles, was hier passiert, wird aufgeschrieben, ein voller Briefkasten ist an der Tagesordnung. Daran musste ich mich erst einmal gewöhnen, als ich nach Deutschland kam, denn was hier selbstverständlich ist, ist in anderen Ländern völlig unbekannt.

Ich bin sehr gerne in Deutschland. Das Land ist sehr gut organisiert. Wenn in Syrien ein Produkt die Aufschrift „Made in Germany“ hat, wird es gekauft, denn wir wissen: Deutschland steht für eine hohe Qualität. Ich habe Lust, Teil dieser Gesellschaft zu sein, allerdings fällt es mir schwer, mich hier zurecht zu finden. Kurz nach meiner Ankunft war eine ganze Schublade mit Papieren gefüllt und ich hatte schon Angst, dass ich bald ein extra Zimmer nur für die Briefe der Ämter einrichten müsste. Es fällt mir sehr schwer, den Inhalt dieser Papiere zu verstehen und wenn ich Deutsche bat, mir den Inhalt zu erklären, war ich häufig überrascht, weil sie den Inhalt auch nicht verstehen.

Aber ich habe verstanden, dass all dieser Papierkram ein Eckpfeiler der Organisation in Deutschland ist und dadurch die Dinge ihren geregelten Lauf nehmen können. Daher sollte man nicht versuchen, der Bürokratie zu entkommen oder sich dagegen zu wehren, sondern diese als Anreiz sehen, sich an die deutsche Gesellschaft anzupassen.

Bürokratie und Sprache
Nun möchte ich hier Arbeit finden. Ich kann aber nicht einfach in einen Betrieb gehen und fragen, ob sie Arbeit für mich haben, wie ich es aus meiner Heimat und den Ländern auf meiner Durchreise nach Deutschland kenne. Ich muss eine Bewerbung schreiben mit Anschreiben, Lebenslauf und Zeugnissen, alles gut geordnet in einer schicken Mappe, per Post an die Firma schicken und darauf warten, dass ich eine Rückmeldung bekomme.
Ich habe die B1-Prüfung erfolgreich bestanden. Perfekt ist mein Deutsch deshalb aber noch lange nicht und meine Bewerbung deshalb auch nicht einwandfrei. Ich habe einige Erfahrungen und Qualifikationen gesammelt, meine fehlenden Sprachkenntnisse machen mir jedoch einen Strich durch die Rechnung, denn meist wird eine einwandfreie Bewerbung erwartet.

Natürlich wollen die Arbeitgeber_innen jemanden einstellen, welche_r die Arbeitsaufträge auch versteht und umsetzen kann. Jedoch ist Arbeit für viele Geflüchtete auch die einzige Möglichkeit, mit anderen Deutschen intensiv in Kontakt zu treten und so die deutsche Sprache besser zu lernen. Somit befindet man sich als Geflüchtete_r – auch mit guten Qualifikationen und Berufserfahrung – in einem Teufelskreis: Ohne Deutsch keine Arbeit, ohne Arbeit kein besseres Deutsch.

Wir dürfen deshalb alle nicht zu viel von unserem Gegenüber erwarten. Deutsch lernen braucht Zeit, und so lange wir keine Arbeit finden, gibt es auch noch andere Möglichkeiten, das Sprechen zu üben. Einige Angebote findet ihr weiter unten.

ORT

Café Paletti

Das Sozialraumprojekt Kiel-Mitte, angegliedert an das Café Paletti, hat verschiedene Angebote für Menschen mit und ohne Migrationshintergrund im Angebot. In gemütlicher Atmosphäre und unter freundlicher Anleitung gibt es Deutschunterricht und Möglichkeiten, Kontakte zu knüpfen.

Café Paletti
Muhliusstr. 38
24103 Kiel
Tel.: 0431/97994499

Café Paletti

INFO

Kulturgrenzenlos e.V.

Ein Tandemprojekt zwischen Geflüchteten und Kieler_innen. Mit einem/einer festen Tandempartner_in sind hier gemeinsame Freizeitgestaltung und Kulturaustausch möglich.

Anmeldung und weitere Informationen unter www.kulturgrenzenlos.de

TIPP

Youtube

Auch im Internet gibt es Angebote, in welchem kostenloser Deutschunterricht möglich ist. So gibt es bei Youtube verschiedene Kanäle wie

mit praktischen Lektionen zu täglichen Situationen und umfassenden Informationen über das Leben in Deutschland.

Text und Fotos:  Mohamed Alabboud, Max Ihle