Die meisten Menschen sind wohl der Überzeugung, dass es nur „gemeine“ Verbrecher mit unserer Rechtsordnung zu tun bekommen. Das Recht ist aber so vielfältig und erstreckt sich auf so viele Bereiche unseres Lebens, dass jede*r früher oder später damit in Berührung kommen wird.

Zu diesem interessanten Thema habe ich ein Interview mit der Rechtsanwältin Dr. Britta Hansen geführt.
Für Frau Dr. Hansen stand schon sehr früh fest, dass sie später einmal Rechtsanwältin werden will. Sie wünschte sich in ihrer Arbeit den direkten Kontakt zu ihren Mandant*innen, wollte helfen und sich nicht hinter Aktenbergen verstecken. „Ich bin da, wo es weh tut. Knast, Scheidung und Jobcenter!“, wie sie selber sagt.

Für meinen Artikel zum Thema „Alltagsrecht“ gab Frau Dr. Hansen mir eine sehr treffende Definition: „Eigentlich kommt jeder/jede Bürger*in mit dem Recht in Kontakt, ohne auch nur eine Ordnungswidrigkeit oder Straftat begangen zu haben.“ Das Miet- und Arbeitsrecht sowie der Abschluss eines Kaufvertrags sind dafür ganz klassische Beispiele.

Natürlich tritt auch in diesen Rechtsfeldern meist unmittelbar eine Rechtsfolge für die betroffenen Personen ein. Anwaltliche Unterstützung und Verhandlungen vor Gericht benötigt man aber nur, wenn es zu Unstimmigkeiten kommt.

Sie berichtete mir zudem von einem sehr kuriosen Strafrechtsfall, bei dem eine alkoholisierte Person ihren Wohnungsschlüssel nicht finden konnte und deshalb einen „Einbruch“ in die eigene Wohnung vollzog. Dazu warf sie beherzt die Fensterscheibe mit einem Stein ein, kletterte hindurch in die Wohnung und legte sich schlafen. Sie wurde von der Polizei aus ihrem friedlichen Schlaf gerissen, da aufmerksame Nachbarn einen Einbruch durch eine fremde Person vermuteten und daraufhin die Polizei informierten.
Diese Person hatte keine böse Absicht oder wollte gar Menschen Schaden zufügen, sondern ist durch ein Missverständnis  mit der Rechtsordnung in Berührung gekommen. Trotzdem kann eine solche Tat rechtliche Folgen haben, vor allem, wenn die Person bereits vorbestraft ist.

Dann ist man für Fachleute, die sich mit dem Rechtssystem auskennen, dankbar. Dabei geht es bei der Arbeit von Frau Dr. Hansen nicht darum, dass sie als Rechtsanwältin alle Tricks anwendet, um ihre Mandant*innen aus einer misslichen Lage zu befreien. Vielmehr versteht sie sich als Kontrollinstanz, durch welche rechtliche Entscheidungen abgemildert oder aufgehoben werden können. Denn dort, wo Menschen arbeiten, können auch immer Fehler passieren.
Ein*e Rechtsanwält*in braucht aber nicht nur fachliches Wissen, sondern muss auch in der Lage sein, „Juristendeutsch“ in eine für Mandant*innen verständliche Sprache umzuformulieren. Dies sorgt dafür, dass der/die Mandant*in den Sachverhalt besser versteht und der/die Rechtsanwält*in auch besser helfen kann.

Für mich persönlich waren auch die Erfahrungen von Frau Dr. Hansen mit dem Jobcenter interessant. Sie beschäftigt sich häufig mit Themen wie der Verletzung der Mitwirkungspflicht, zum Beispiel bei vermeintlich nicht eingereichten Unterlagen. Auch hier versucht sie zu unterstützen und Rechtsfolgen für ihre Mandant*innen abzumildern. Häufig geht es aber auch um schwerwiegendere Fälle, wie nicht angemeldete Minijobs und zu Unrecht bezogene Leistungen. Dann sind wir schon im Bereich einer Ordnungswidrigkeit oder des Betrugs. Wie man sieht, begegnet man unserer Rechtsordnung fast täglich, ohne es zu merken. Nicht immer hat die Begegnung mit dem Alltagsrecht spürbare Folgen für uns, was dazu führt, dass wir die Begegnung gar nicht wahrnehmen.

Text: Dominik Stark
Illustration: L. Thein
Layout: Rebecca Freyer
Fotos: Thomas W.