Das Wohnprojekt „Gutes Leben – Probsteier Platz“ ist ein Gemeinschaftsprojekt der Initiative „Gutes Leben“ und der GEWOBA Nord Baugenossenschaft, dass 2019 mit dem Kieler Nachhaltigkeitspreis ausgezeichnet wurde. Es besteht aus zwei Mehrfamilienhäusern am Probsteier Platz in Kiel-Dietrichsdorf, die 2019 fertiggestellt wurden und jetzt größtenteils von den Mitgliedern des für das Projekt gegründeten Vereins bewohnt werden.

Die Vision des Projekts ist eine generationenübergreifende, lebendige Hausgemeinschaft, bei der zwar alle ihre eigene Wohnung haben, aber durch gemeinsam genutzte Räume und einen achtsamen Umgang miteinander eine Gemeinschaft entsteht. (Zitat): „Wir sind kein dogmatisches Wohnprojekt nach dem Motto hier gibt es nur Bio-Essen oder politisch muss alles total durchgestylt sein, sondern alle sollen mit ihren Unterschiedlichkeiten leben können, solange es nicht menschenverachtend ist oder gegeneinander geht“.
Wie lebt es sich in dem ausgezeichneten Wohnprojekt?
Wir treffen uns mit sechs Mitgliedern des Vereins in der Gemeinschaftswohnung des Projekts.
Die beiden Neubauten am Probsteier Platz sind ruhig gelegen und passen mit ihrer modernen aber zurückhaltenden Architektur ganz gut zur alten Bebauung im Umfeld. Die älteste Bewohnerin des Projekts ist 79 Jahre, die jüngste zwei Monate alt. Die meisten Bewohner*innen haben sich schon einmal bei früheren Meetings oder Infoveranstaltungen zum Thema Wohnprojekte getroffen, waren vorher aber keine Freunde oder Bekannte. Das heißt, dass das eigentliche Kennenlernen erst nach dem Einzug stattfand. Für die Meisten hat sich die Wohnraumgröße deutlich reduziert, einige sind aus größeren Häusern in kleine Wohnungen gezogen. Falls mal mehr Platz gebraucht wird, gibt es ja die Gemeinschaftswohnung. Wir fanden es bemerkenswert, dass die schönste Wohnung der Häuser bewusst als Gemeinschaftswohnung gewählt wurde. Geräumig, mit großer Dachterrasse und tollem Blick auf die Schwentinemündung und die Kieler Förde. Hier wurde auch deutlich, worum es in dem Projekt geht und wie das in der Umsetzung funktioniert. Es geht nicht, dass jemand seinen alten Blumenkübel einfach auf der Dachterrasse abstellt. Das muss erst mit der Gemeinschaft besprochen werden. So ist es auch bei der Einrichtung der Gemeinschaftswohnung oder bei der Gartenplanung – alles was die Gemeinschaft betrifft, wird auch gemeinschaftlich besprochen und entschieden. Ausgenommen hiervon ist natürlich die eigene Wohnung. Hier kann jede*r schalten und walten wie sie/er möchte.

Auch nach ca. einem Jahr erfordert diese Form des gemeinschaftlichen Wohnens von den Bewohner*innen einen ständigen Lernprozess, auch auf persönlicher Ebene. Probleme werden gemeinschaftlich gelöst, egal, ob es um praktische Dinge wie Einkaufen oder die gemeinsame Autonutzung geht, die Gemeinschaft bietet auch Raum, um persönliche Probleme anzusprechen. Natürlich gibt es gelegentlich auch Konflikte. Ein Bewohner vergleicht das mit einer Partnerschaft: „Es ist der Versuch Probleme, die man alleine nicht gehabt hätte, gemeinsam zu lösen. Wohnprojekt ist das Ganze mit 23 Personen. Das eigene Ego loslassen, die Andersartigkeit der Anderen spürbar miterleben. Wer die Illusion hat, dass das ganze ohne Konflikte abgeht, ist hier falsch.“
Unser persönliches Fazit: Das Projekt machte auf uns einen einladenden Eindruck. Die Atmosphäre war locker und entspannt, wir wurden sehr freundlich empfangen. Wir haben die Gruppe unserer sechs Gesprächspartner*innen als sehr harmonisch erlebt und auch unsere Fragen nach Konflikten haben niemanden in Verlegenheit gebracht. Diese Form des gemeinschaftlichen Wohnens bringt viele Vorteile, die uns überzeugt haben. Eine sehr gute Möglichkeit für alle, die eine Alternative zu Vereinzelung und Einsamkeit im „normalen“ anonymen Wohnen suchen.
