Direkt am Nord-Ostsee-Kanal bei den Holtenauer Schleusen liegt das Maschinenmuseum Kiel-Wik.  Ein Stück lebendiger Kieler Industriegeschichte zieht hier nicht nur Kieler_innen in seinen Bann. Von großen Motoren und Dampfmaschinen bis hin zu ihren kleinen Abbildern im Modellmaßstab, alles bringt das Museumsteam wieder zum Laufen.

Mit einer Industrieruine der Kieler Stadtwerke und zwei Technikenthusiasten begann sie, die Idee, ein Industriemuseum zu gründen. Wobei dies strenggenommen so nicht ganz richtig ist, wie der Museumsleiter Peter Horter mir im Interview erklärte. Die Kieler Ratsversammlung hatte Mitte der 1990er Jahre den Plan für ein städtisches Industriemuseum gekippt. „Das Geld wurde damals für die Sanierung der Kieler Schulen ausgegeben, ein Museum für Industriegeschichte war in deren Augen Luxus.“ Daraufhin nahm der 74-jährige ehemalige Leiter der Beruflichen Schule Technik die Sache selber in die Hand, gemeinsam mit einem seiner Schüler und viel Idealismus. „Das war sehr naiv“, gibt er zu.

Am Anfang nur eine Ruine

Verblichene Schwarz-Weiß-Fotos in den Ausstellungsräumen zeugen von den Anfängen des Museums. Eine Dampfmaschine in einem verfallenen Gebäude. Unendlich viel Arbeitsschweiß wurde vergossen, bis der 7,5 Tonnen schwere Stahlkoloss – eine Lokomobile – wieder in ihrem alten Glanz erstrahlte und sogar der Dampfkessel wieder zischte. Auf die Frage, wann das Museum konkret gegründet wurde, sich also „richtiges“ Museum nennen durfte, erinnert sich Herr Horter: „Das war im Rahmen des Kieler Kultursommers im Jahr 2000, als man uns fragte, ob wir einen Tag der offenen Tür machen würden. Bis dahin werkelten wir 15 Jahre mehr oder weniger im Verborgenen vor uns hin. Die Stadtwerke als Eigentümer des Geländes verboten den Zutritt für Besucher_innen.“ Lediglich seine Schüler_innen waren in den Genuss von Privatführungen ihres Lehrers gekommen.

Mit Stolz verweist Herr Horter darauf, dass das Museumsprojekt seit dem Jahr 2005 in Form einer gemeinnützigen Bürgerstiftung organisiert ist. Das Konzept und die beachtliche Sammlung an Exponaten haben das zuständige Kieler Innenministerium überzeugt. Endlich konnte die Stiftung das Grundstück mit den drei Gebäuden – damals wie heute Uhrenhaus, Kompressorenhalle und Lokschuppen genannt – von den Stadtwerken kaufen, einen Museumshelfer fest einstellen und tägliche Öffnungszeiten anbieten. Ein Kulturunternehmen mit steiler Erfolgskurve also.

 

Viele fleißige Hände

Heute arbeiten in dem Museum rund 20 Menschen ehrenamtlich, größtenteils ausgebildete Fachleute, aber auch Student_innen und Schüler_innen und außer in der Verwaltung bisher leider nur Männer. Dabei sind auch Frauen in der Werkstatt willkommen. Das Museum profitiert dabei mittlerweile von seiner Bekanntheit, denn an potentiellen Mitarbeiter_innen mangelt es nicht. „Es gibt deutlich mehr Anfragen als Arbeit“, so Herr Horter. Das liegt vor allem an dem Motto „Historische Maschinen im Betrieb erleben“, welches pro Jahr rund 17.000 Besucher_innen anzieht. Dabei ist Leidenschaft zur historischen Technik bis in das kleinste Detail spürbar. Jede Maschine wird liebevoll in der museumseigenen Werkstatt restauriert und wieder zum Leben erweckt, um schließlich mottogetreu im Betrieb das Besucherherz zu erfreuen.

Denn einmal im Monat – jeweils am dritten Sonntag – öffnet das Museum seine Türen und bietet dem/der Besucher_in ganz besondere Leckerbissen. „An diesen Themensonntagen befassen wir uns mit einem bestimmten Kapitel der Technikgeschichte. Dann rennen die Leute uns hier teilweise die Türen ein.“ Mit Vorträgen über Meilensteine der technischen Entwicklung und Firmenhistorie von Kieler Traditionsunternehmen versteht es Herr Horter auch technische Laien zu begeistern. Die Mitarbeiter_innen wuseln zwischen den Schaulustigen hin und her, beantworten Fragen, erklären dieses und jenes oder halten ein Pläuschchen.

Die Attraktion läuft mit Diesel

Im März habe ich das Museum besucht und dabei einen besonderen Moment erleben dürfen: Den Start eines Schiffsdieselmotors der ehemaligen Kieler Maschinenbaufirma Bohn und Kähler, die bis 1968 die Kieler Industrielandschaft mitprägte. An der ehemaligen Ingenieurschule Legienstraße hatte er als Lehrobjekt ausgedient und hätte im Jahr 2000 seinen letzten Gang zum Schrottplatz antreten sollen. Vier Jahre dauerte es, bis die Dreizylindermaschine – 2,3 Tonnen, 90 PS – samt Leistungsprüfstand wieder startklar war. Viel Liebe zum Detail auch hier: Fotowände dokumentieren die Restaurierung der Maschine, vor der Verschrottung gerettet und in ihre Einzelteile zerlegt. Ein Vortrag zum Thema rundet das Programm ab. Zwischen alten Zeitungsartikeln und Fotos tauchen die zahlreichen Besucher_innen in ein Stück Kieler Industrievergangenheit ein und genießen zwischendurch die Atmosphäre bei Kaffee und Kuchen. Die Leidenschaft für alte Maschinen verbindet viele und lädt zum regen Austausch ein. Auch die kleinen Gäste kommen nicht zu kurz. Sie bauen in der Bastelecke kleine Knatterboote, die mit einer Kerze angetrieben werden. Zufrieden gönnt sich Herr Horter schließlich eine Tasse Kaffee.

Neben den Sonntagsveranstaltungen bietet das Museum auch Gruppen ein besonderes Programm, denn Herr Horter gestaltet Führungen und Veranstaltungen für Schüler_innengruppen oder Betriebsausflüge individuell. „Besonders die Kinder sind mit Begeisterung dabei, wenn ich die Experimente aus dem Schrank hole.“ In den Vitrinen schlummern etliche davon und warten auf ihren Einsatz. Angesichts der Sammlung könnte manche Physiklehrkraft neidisch werden. Betriebe können einen Seminarraum mieten, der stilvoll als offene Zwischenebene in die historische Industriehalle eingezogen wurde.

ORT

Maschinenmuseum Kiel-Wik
Am Kiel-Kanal 44
24106 Kiel
Tel. 0431/5943450

INFO

Das Museum ist barrierefrei

INTERNET

http://www.maschinenmuseum-kiel-wik.de/

KOSTEN

Eintritt frei, Spenden sind erwünscht